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ADHS und Komorbiditäten in der Adoleszenz Transitionsphase und therapeutische Herausforderungen

11. Juli 2022
Berlin, 12.07.2022 – Eine ADHS-Therapie birgt insbesondere in der Transition von der Kindheit ins Erwachsenenalter einige Herausforderungen. Über die Komorbidität Sucht, die Schwierigkeiten der Transitionsphase einer ADHS und individuelle Therapieansätze referierten Prof. Martin Holtmann, Hamm, Prof. Stephan Bender, Köln, sowie Prof. Florian Zepf, Jena, während eines von Takeda ausgerichteten Symposiums auf dem diesjährigen DGKJP-Kongress in Magdeburg.

Patient:innen mit ADHS haben ein vierfach erhöhtes Risiko im Verlauf ihrer Erkrankung eine Abhängigkeit zu entwickeln [1]. Holtmann hob in seinem Vortrag ADHS-Patient:innen im Jugendalter als besonders suchtgefährdete Gruppe hervor, da diese in der Transition mit neuen Anforderungen konfrontiert werden. Ausschlaggebend für das erhöhte Suchtrisiko ist zum einen das unteraktivierte Belohnungssystem von ADHS-Patient:innen [2]. „Der Ruhepegel des Belohnungssystems ist bei ADHSPatient: innen niedriger ausgeprägt. Für dasselbe Erleben von positiven Gefühlen brauchen sie stärkere Reize“, erläuterte Holtmann. „Das ist einer der biologischen Mechanismen, der in die Sucht führen kann.“ Zudem spielen auch bereits vorhandene Komorbiditäten wie Depressionen und Angststörungen eine große Rolle in der Entstehung einer Sucht. Psychosoziale Belastungen wie psychisch erkrankte oder selbst suchtbelastete Eltern sowie Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen erhöhen das Suchtrisiko zusätzlich. Die Patient:innen selbst betrachten ihre Sucht vor allem als Möglichkeit der Selbstmedikation zur Spannungsreduktion und Stimmungsstabilisierung. „Am Anfang der Therapie steht die Arbeit an der individuellen Motivation der jugendlichen Patient:innen. Es ist wichtig im direkten und offenen Austausch herauszufinden, wie den Jugendlichen am sinnvollsten aus der Sucht herausgeholfen werden kann“, erklärte Holtmann. Auch eine Medikation kommt für die Therapie einer ADHS mit der Komorbidität Sucht infrage, betonte der Experte. Studien belegen, dass dadurch das Abhängigkeitsrisiko nicht erhöht, sondern ein protektiver Effekt einsetzt und das Risiko für Substanzmissbrauch reduziert wird [3,4]. Auch in den S3-Leitlinien wird eine medikamentöse Therapie bei Patient:innen mit ADHS und Substanzmissbrauch nicht ausgeschlossen [5]. Insbesondere Stimulanzien sind für die Therapie von Patient:innen mit ADHS und Substanzkonsum geeignet. Die Medikation sollte aber durch Spezialist:innen mit Kenntnissen in der Behandlung von ADHS und Sucht erfolgen, die bei der Auswahl eines Medikaments die Gefahr des Missbrauchs durch Patient:innen ausreichend berücksichtigen können [5].

Neue Komorbiditäten in der Transitionsphase

„Im jungen Erwachsenenalter nimmt die Unterstützung durch Elternhaus und Kinderpsychiatrie häufig ab, während die Anforderungen und Entwicklungsaufgaben zunehmen.“, betonte Bender in seinem Vortrag zur Herausforderung Transition bei Patient:innen mit ADHS. Zusätzlich verändern sich auch die Symptome einer ADHS über die Lebenszeit der Patient:innen [6]. Während Hyperaktivität und Impulsivität in der Adoleszenz abnehmen, erhöhen sich die Schwierigkeiten der Emotionsregulation. Dadurch können sich auch die Komorbiditäten einer ADHS verändern. Im Kindesalter machen Sozialverhaltensstörungen, Lernstörungen sowie Tic- und Autismusspektrumsstörungen den Großteil der Komorbiditäten aus [7]. In der Adoleszenz gehören Suchterkrankungen, Depressionen, Angst- und Persönlichkeitsstörungen zu den häufigsten Komorbiditäten einer ADHS und sollten deshalb besonders im Fokus einer Diagnostik stehen [6]. Da sich vor allem ADHS und Abhängigkeitsstörungen beziehungsweise Persönlichkeitsstörungen wechselseitig negativ beeinflussen, ist hier eine parallele Therapie beider Erkrankungen notwendig. In der Therapie von ADHS mit den Komorbiditäten Depression oder Angststörung führt die Behandlung der schwerwiegenderen Störung oftmals auch zu einer Verbesserung der Symptome der Komorbidität. Durch den Einsatz von Stimulanzien können die exekutive Kontrolle und damit die Effizienz einer psychotherapeutischen Behandlung gesteigert werden.

Klinische Versorgung auf dem 5. Kontinent

Zepf wagte in seinem Vortrag einen Blick über den Tellerrand und stellte Besonderheiten des australischen Gesundheitssystems bezüglich psychischer Gesundheit im Kindes- und Jugendalter vor. Die Komplexität des australischen Gesundheitssystems wird durch die Größe und Weitläufigkeit des Landes, die Bevölkerungsstruktur und der Ansiedlung von Ballungszentren vor allem in Küstennähe, sowie auch durch die extremen klimatischen Bedingungen beeinflusst. Die medizinische Versorgung der multikulturellen Bevölkerung in Australien und auch besonders vulnerabler Gruppen außerhalb der Ballungszentren (so zum Beispiel den Aboriginal and Torres Strait Islander people, Indigenous Australians) stellt das Versorgungssystem vor Herausforderungen. Die gesundheitliche Versorgung in den bevölkerungsreichen Städten des Landes zeichnet sich laut Zepf durch seine Innovationsmöglichkeiten und Flexibilität aus. Der Experte betonte dennoch den Optimierungsbedarf im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Dieser Fachbereich macht im Verhältnis zur Erwachsenenpsychiatrie in der Facharztausbildung einen deutlich geringeren Anteil aus, und kann damit die Transitionsphase von ADHS-Patient:innen zusätzlich erschweren [8]. Als positives Beispiel um den Herausforderungen der Transition vom Jugend- zum jungen Erwachsenenalter zu begegnen hob Prof. Zepf eine Adoleszenzstation (Youth Unit) in Westaustralien hervor. In dieser Einrichtung erhalten adoleszente Patient:innen spezifische therapeutische Maßnahmen und ein auf ihre Bedürfnisse abgestimmtes Therapiekonzept.

 

Quelle:
DGKJP 2022, Symposium „ADHS plus“: Komorbiditäten, Transition und Blicke über den Tellerrand, 20.05.2022


Literatur:
[1] Charach A et al. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2011; 50(1): 9-21
[2] Scheres A, et. Al. Biol Psychiatry. 2007; 61(5):720-724
[3] Chang Z et. al. J Child Psychol Psychiatry 2014; 55(8): 878-885
[4] Humphreys K L et. al. JAMA Psychiatry 2013; 70(7): 740-749
[5] Fachinformationen Stimulanzien; S3-Leitlinie „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“, AWMF-Registernummer 028-045, 2018
[6] Faraone S V et al. Nat Rev Dis Primer 2015; doi:10.1038
[7] Spencer T J J Clin Psychiatry. 2006; 67(8): 27-31
[8] https://www.ranzcp.org/home, letzter Zugriff: 30.05.2022


711 Wörter; 5.811 Zeichen inkl. Leerzeichen

 


Über Takeda

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