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GastroDialog Rare Edition: Das Leben von Menschen mit seltenen gastroenterologischen Erkrankungen interdisziplinär verbessern

27. Juli 2022
  • Unter der Leitung von Prof. Yurdagül Zopf, Erlangen, und PD Dr. Irina Blumenstein, Frankfurt, fand der erste GastroDialog Rare Edition statt. Die von Takeda unterstützte Veranstaltung war mit vier CME-Punkten zertifiziert.
  • Im Fokus der fallbasierten, interaktiven Veranstaltung standen seltene gastrointestinale Erkrankungen, bei denen die Patienten besonders von einer engen fachübergreifenden Zusammenarbeit profitieren:
    • Das hereditäre Angioödem (HAE), bei dem es neben einer Hautsymptomatik fast immer auch zu Magen-Darm-Beschwerden kommt
    • Das Kurzdarmsyndrom (KDS), bei dem zahlreiche Fachrichtungen eng zusammenarbeiten müssen, um die Chance auf eine intestinale Rehabilitation zu erhöhen
    • Komplexe perianale Fisteln bei Morbus Crohn, bei denen Chirurgen, Gastroenterologen und Proktologen gefragt sind

Berlin, 28. Juli 2022 – PD Dr. Christoph Jochum, Berlin, schilderte im Rahmen des ersten GastroDialog Rare Edition anhand der Kasuistik einer 32-jährigen Patientin mit rezidivierendem Erbrechen, wie lange der Weg bis zur richtigen Diagnose eines hereditären Angioödems sein kann: Bei der jahrelangen Suche nach der Ursache der Beschwerden führte erst die Kombination aus nicht juckender Schwellung der Haut, die nicht auf Kortison ansprach, und ödematös geschwollenen Dünndarmschlingen während einer Attacke auf die Spur eines HAEs.

Hereditäres Angioödem – abdominelle Manifestation wird oft verkannt

Das HAE ist eine seltene autosomal-rezessive Erbkrankheit, bei der ein Mangel an C1-Inhibitor vorliegt oder dieser nicht funktionsfähig ist.1 «Die Attacken mit Schwellungen, die nicht auf Kortison oder Antihistaminika ansprechen, betreffen die Haut und fast immer auch den Gastrointestinaltrakt. Die gefürchteten oropharyngealen Schwellungen treten nur bei etwa der Hälfte der HAE-Patienten auf»,1,2 erklärte Jochum und ergänzte: «Neben der akuten Attackenkontrolle zielt die Therapie darauf ab, eine vollständige Krankheitskontrolle zu erreichen und den Patienten ein möglichst attackenfreies, normales Leben zu ermöglichen. Das kann aktuell nur durch eine entsprechende Langzeitprophylaxe erreicht werden.»

Lanadelumab reduziert Anzahl und Schwere der HAE-Attacken

Als Erstlinientherapie des HAE wird in der Leitlinie u. a. eine starke Empfehlung für die Langzeitprophylaxe mit Lanadelumab ausgesprochen.1 Der Plasmakallikrein-Inhibitor, der bei Patienten ab einem Alter von 12 Jahren eingesetzt werden kann,3 reduziert Anzahl sowie Schwere der Attacken deutlich.4 Jochum rief dazu auf, bei Patienten mit nicht juckenden Hautschwellungen, die nicht auf Kortison ansprechen, und/oder rezidivierenden Subileussymptomen an ein HAE zu denken und die Spiegel von C4- und C1-Inhibitor zu bestimmen. «Dies kann eine lange Leidensgeschichte von Betroffenen beenden», so Jochum.

Da HAE-Patienten aufgrund der dermatologischen und gastrointestinalen Symptome von einer interdisziplinären Betreuung profitieren, verwies Jochum auf HAE-Zentren, die online z. B. unter www.HAE-im-Fokus.de zu finden sind.

Kurzdarmsyndrom mit chronischem Darmversagen – intestinale Rehabilitation als oberstes Therapieziel

Auch Univ.-Prof. Dr. Andreas Pascher, Münster, nutze eine Kasuistik, um die Komplexität eines chronischen Darm versagens darzustellen. Eine 38 Jahre alte Patientin stellte sich wegen eines Kurzdarmsyndroms mit chronischem Darmversagen (KDS-DV) in der Klinik zur Evaluation einer Darmtransplantation vor. Pascher berichtete, dass es in diesem Fall jedoch gelang, mit einer intensiven interdisziplinären Therapie die enterale Autonomie der Patientin, die bislang auf parenteralen Support (PS)* angewiesen war, ohne Transplantation wiederherzustellen. 

Bei einem KDS-DV ist der Dünndarm aufgrund angeborener oder erworbener Ursachen so verkürzt, dass seine absorptive Funktion reduziert ist und Bedarf an einer intravenösen Supplementation von Makro- und Mikronährstoffen sowie Flüssigkeit besteht.5 Als mögliche anatomische oder funktionelle Ursachen eines KDS bei Erwachsenen nannte Pascher u. a. Morbus Crohn, Mesenterialinfarkte, Volvulus, Abdominaltraumata, chirurgische Komplikationen, Tumore und Strahlenenteritis.6 «Das übergeordnete Ziel bei der Therapie von Menschen mit einem Kurzdarmsyndrom ist die intestinale Rehabilitation. Dabei gilt es, die resorptive Kapazität des Restdarmes zu erhöhen, den Bedarf an parenteralem Support zu reduzieren und Komplikationen zu vermeiden», betonte Pascher.7 Er fügte hinzu: «Determinanten für das adaptive Potenzial des Darmes sind seine verbliebene Länge, Art und Funktion.8 Es ist daher essenziell, im Rahmen einer resezierenden oder rekonstruktiven Operation den intraoperativen Situs sowie Länge und Art der verbliebenen Dünndarmabschnitte exakt zu bestimmen und zu dokumentieren.5» Die wichtigsten chirurgischen Ansätze bei einem KDS sind laut Pascher rekonstruktive Maßnahmen, bei denen jeder funktionsfähige Darmabschnitt wieder in Kontinuität gebracht wird. Nur bei wenigen ausgewählten Fällen käme auch eine Darmtransplantation in Betracht.9

Teduglutid – Wachstumsfaktor steigert die resorptive Kapazität des Restdarmes

Die Anpassung des Darmes an die neue Situation verläuft postoperativ in der Regel in drei Phasen, die sich über mehrere Jahre erstrecken können.5,10 «Durch eine gezielte Förderung der Proliferation der Darmmukosa können die Adaptationsvorgänge ermöglicht bzw. beschleunigt werden. Dazu gehören u. a. ernährungsmedizinische Maßnahmen, wie z. B. viele kleine Mahlzeiten, das langsame Einführen der Makronährstoffe und ein Trink-Ess-Abstand von 30 – 60 Minuten.5,11» Medikamentöse Optionen bei der Behandlung des KDS-DV sind Pascher zufolge u. a. die Enzymsubstitution bei Steatorrhoe, Antidiarrhoika, Gallensäurebinder, Protonenpumpen-Inhibitoren und Somatostatin-Analoga.11 Für die Behandlung des KDS steht darüber hinaus das Glucagon-like Peptid 2 (GLP-2)-Analogon Teduglutid zur Verfügung – der bisher einzige in der Europäischen Union zugelassene intestinotrophe Wachstumsfaktor.12 Teduglutid fördert u. a. das Wachstum der Darmschleimhaut – mit Zunahme der Darmzottenhöhe und der Darmkryptentiefe13,14 – im verbliebenen Darm. Damit kann die resorptive Kapazität des Restdarmes weiter gesteigert werden.7,12,13 Pascher hob hervor: «Bei Patienten mit einem Kurzdarmsyndrom ist die Vorstellung in einem Zentrum mit Erfahrung in intestinaler Rehabilitation dringend anzuraten. Patienten mit postoperativem KDS sollten dabei unmittelbar einer Spezialambulanz zugeführt werden.» Blumenstein ergänzte: «Die Behandlung in einem erfahrenen Zentrum kann für KDS-Patienten der Gamechanger sein.»

Eine Übersicht der KDS-Zentren in Deutschland steht online unter www.leben-mit-kds.de zur Verfügung.

Komplexe perianale Crohn-Fisteln

Dr. Charlotte Hauser, Kiel, schilderte den Fall einer jungen Patientin, bei der erst eine perianale Fistel zur Diagnose Morbus Crohn (MC) geführt hatte. Vor diesem Hintergrund rief Hauser dazu auf, die Fistelbehandlung nicht mit der chirurgischen Versorgung zu beenden, sondern die Patienten ggf. an einen Gastroenterologen zu überweisen. «Perianale Fisteln sind eine der häufigsten Komplikationen des Morbus Crohn. Etwa 80 % der perianalen Crohn-Fisteln werden als komplex klassifiziert»,15 so Hauser und betonte: «Ziele der Therapie sind ein Fistelverschluss, eine langfristige Rezidivfreiheit sowie eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Dazu gehört in jedem Fall auch der Erhalt der Kontinenz. Chirurgische Optionen der Fisteltherapie bergen jedoch ein hohes Risiko für dauerhafte Schäden am Sphinkter.»

Stammzelltherapie Darvadstrocel als sphinkterschonende Option

Eine potenzielle sphinkterschonende Alternative ist die Injektion von Darvadstrocel. Die expandierten, humanen, allogenen, mesenchymalen, adulten Stammzellen, die aus Fettgewebe gewonnen wurden, können aufgrund ihrer immunmodulatorischen und antiinflammatorischen Eigenschaften die Heilung von geschädigtem perianalem Gewebe fördern.16 Darvadstrocel ist zur Behandlung von komplexen perianalen Fisteln bei erwachsenen Patienten mit nicht-aktivem/gering-aktivem luminalen Morbus Crohn zugelassen, wenn die Fisteln unzureichend auf mindestens eine konventionelle oder biologische Therapie angesprochen haben. Darvadstrocel sollte nur nach der Vorbereitung der Fistel angewandt werden.16 Wirksamkeit und Sicherheit der allogenen Stammzelltherapie wurden in der Zulassungsstudie ADMIRE-CD untersucht.17,18

«Die Fisteltherapie sollte patientenindividuell erfolgen und sich am Fisteltyp, der Entzündung und der Schwere der Symptome orientieren. Wichtig ist außerdem die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Gastroenterologie, Chirurgie und Koloproktologie. Chirurgie bzw. Koloproktologie übernehmen dabei Abszessdrainagen, ggf. nötige Fistelspaltungen oder plastische Operationen. Der Fokus der Betreuung durch die Gastroenterologie liegt auf der medikamentösen Therapie des Morbus Crohn – vor und nach einer eventuellen Stammzelltherapie.» Die Anwendung von Darvadstrocel selbst ist eine minimalinvasive, chirurgische Prozedur und wird ausschließlich in qualifizierten Anwenderzentren durchgeführt.

Eine Übersicht aller für die Anwendung von Darvadstrocel qualifizierten Anwenderzentren in Deutschland ist online zu finden unter www.takeda-gastroenterologie.de/service/darvadstrocel-klinikfinder.

 


* Parenteraler Support (PS): parenterale Ernährung und/oder intravenöse Flüssigkeitsgabe

 

Quellen
1 Maurer M et al. Allergy 2022. https://doi.org/10.1111/all.15214. Online ahead of print
2 Bork K et al. Am J Med 2006; 119: 267-274
3 Fachinformation Lanadelumab (Takhzyro®), Stand Dezember 2021
4 Banerji A et al. JAMA 2018; 320(20): 2180-2121
5 Lamprecht G et al. Aktuel Ernahrungsmed 2014; 39(02): e57-e71
6 Pironi L et al. Clin Nutr 2015; 34: 171-180
7 Jeppesen PB et al. Gastroenterology 2012; 143: 1473-1481
8 Thompson JS et al. Curr Probl Surg 2012; 49: 52-115
9 Buchman AI et al. Gastroenterology 2003; 124: 1111-1134
10 Pironi L. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2016; 30(2): 173-185
11 Leiß O. Z Gastroenterol 2005; 43: 661-675
12 Fachinformation Teduglutid (Revestive®) 1,25 mg und 5 mg, Stand Mai 2022
13 Pevny S et al. Clin Nutr 2019; 38: 1745-1755
14 Tappenden KA et al. J Clin Gastroenterol 2013; 47: 602-607
15 Bell SJ et al. Aliment Pharmacol Ther 2003; 17: 1145-1151
16 Fachinformation Darvadstrocel (Alofisel®), Stand: November 2020
17 Panés J et al. Lancet 2016; 388: 1281-1290
18 Panés J et al. Gastroenterology 2018; 154(5): 1334-1342.e133


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